Actionspiel für PC, PlayStation und Xbox
"Far Cry 6" erscheint am 7. Oktober 2021 für PlayStation 4/5, PC, Xbox One und Xbox Series X/S.
Foto: Ubisoft / Medienagentur plassma
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Olaf Bleich
Benedikt Plass-Fleßenkämper
Revolutionär guter Insel-Shooter mit prominent besetztem Bösewicht oder nur ein weiteres Open-World-Spektakel mit der typischen Ubisoft-Formel? Wie sich "Far Cry 6" auf der PlayStation 5 schlägt, verrät der Test!
Testfazit
Mit "Far Cry 6" stößt Ubisoft zunehmend an die Grenzen seiner über die Jahre perfektionierten Open-World-Formel. Der Ego-Shooter macht auf dem Papier wenig offensichtlich falsch, wirkt aber inzwischen überfrachtet und hat sich von den Ursprüngen der Serie weiter entfernt als jemals zuvor. Es ist vor allem sehr schade, dass die Geschichte und insbesondere Diktator Antón Castillo im Rauschen der Spielwelt Yara derart untergehen. Denn dank der Schauspielkunst von Giancarlo Esposito hätte aus ihm ein herausragender Spielschurke werden können. So aber bleibt er inmitten von Geiselentführungen, dem Infiltrieren von Lagern und allerlei anderen Scharmützeln zu blass. "Far Cry 6" ist letztlich ein vielseitiger und vor allem umfangreicher Open-World-Shooter, dem es aber viel zu selten gelingt, den Ernst der Lage und die Dramatik auf den Bildschirm zu bannen. Stattdessen wird die Revolution zur Spielwiese für Action-Fans. Als unterhaltsamer Zeitvertreib ist "Far Cry 6" daher durchaus zu gebrauchen, der direkte Vorgänger oder Teil 3 waren jedoch erzählerisch stärker und boten obendrein eine dichtere Atmosphäre.
Pro
- Riesige Spielwelt mit einer Fülle von Missionen und Aufgaben
- Stimmungsvoller Schauplatz, sehr schöne Umgebungsgrafik und große Weitsicht
- Hollywood-Star Giancarlo Esposito als Diktator Antón Castillo
- Gelungene Shooter-Mechanik
- Reichhaltige Upgrade- und Inventarfunktionen
- Individualisierbare Fahrzeuge und Hilfsmittel wie Wingsuit oder Fallschirm
- Kurze Ladezeiten bei Schnellreisen
- Mehrspieler-Modus und Koop
Kontra
- Story und Charaktere bleiben weit hinter den Möglichkeiten zurück
- Der Aufstieg zum Guerilla-Kämpfer erfolgt viel zu schnell
- Teils schwere Aussetzer bei der Gegner- und Begleiter-KI
- Spiel überflutet einen mit Aufgaben vom Fließband
- Fühlt sich zu sehr nach den Vorgängern an
"Far Cry" war stets eine Spieleserie der Extreme. In den Anfangszeiten trumpfte der Ego-Shooter mit seiner für damalige Verhältnisse gigantischen Spielwelt auf. Mit "
Far Cry 3" erfolgte schließlich die Verbindung aus Ubisofts Open-World-Formel und verrückt-überzeichneten Hauptcharakteren. Der vergangene
fünfte Teilpunktete 2018 im Test noch mit seinem irrwitzigen Hillbilly-Szenario und reichhaltigem Action-Gameplay. "Far Cry 6" geht wenige neue Wege, sondern baut die im Vorgänger beschrittenen Pfade aus und bietet eine noch größere Spielwelt. Aber reicht das für die Entwickler von Ubisoft, um einen weiteren Action-Hit zu landen?
Viva la revolución!
"Far Cry 6" spielt auf der an Kuba erinnernden Karibikinsel Yara. Der einstmals arme Staat schwimmt in Geld. Der Grund: die synthetisch hergestellte Wunderpflanze Viviro – ein wirksames Gegenmittel gegen Krebs. Diktator Antón Castillo schreibt sich auf die Fahne, Yara wieder zu Ruhm und Ehre zu führen und geht dafür über Leichen. Er zwingt die Bewohner, auf den Viviro-Feldern zu arbeiten, wohl wissend, dass die dort verwendeten Stoffe die Menschen krank machen.
Castillos brutale Rekrutierungsmaßnahmen und sein hartes Regime sorgen für Unruhe unter den Bewohnern Yaras. Die Menschen flüchten oder schließen sich dem Widerstand an. Sie schlüpfen in die Rolle von Dani Rojas – wahlweise als männlicher oder weiblicher Spielcharakter. Dani will runter von der Insel, macht aber auf der Überfahrt Bekanntschaft mit Antón Castillo. Im Gegensatz zu den Mitreisenden übersteht die Hauptfigur von "Far Cry 6" den Angriff jedoch und tritt daraufhin den örtlichen Widerstandskämpfern bei.
"Far Cry 6" öffnet seine Spielwelt vergleichsweise schnell und lässt Ihnen entsprechend viele Freiheiten. Yara entpuppt sich als wunderschöne Inselwelt, die gerade bei Tageslicht enorm farbenfroh und abwechslungsreich daherkommt. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt gerade die Pflanzenwelt noch einmal detaillierter. Auch die Sichtweite haben die Entwickler von Ubisoft erhöht. In der von COMPUTER BILD getesteten Version für die
PlayStation 5profitiert das Spiel zudem von den verkürzten Ladezeiten, sodass Schnellreisen diesen Namen auch wirklich verdienen.
"The Mandalorian"-Star als Bösewicht
Seit "Far Cry 3" zeichnet sich Ubisofts Shooter-Reihe durch einen fiesen, meist verrückten Schurken in prominenter Position aus. Im Falle von "Far Cry 6" übernimmt der bekannte Schauspieler Giancarlo Esposito die Rolle von Diktator Antón Castillo. Esposito wurde unter anderem durch die Serien-Hits "Breaking Bad" und "The Mandalorian" bekannt und mimt den skrupellosen Alleinherrscher mit viel Charisma und Ausdruck. Gerade die Beziehung zum 13-jährigen Sohn Diego, der so gar nicht nach seinem Vater kommen möchte, sorgt für einige Aha-Momente.
Leider sind die Geschichte und ihre Charaktere in "Far Cry 6" jedoch nicht so präsent wie noch in den Vorgängern. Eine zu große Spielwelt und zu viele zerfaserte Erzählstränge erschweren das Eintauchen in die Story, und so gehen die großen Momente zu oft in der puren Masse unter. Und viel zu schnell treten Sie als Guerilla der Rebellengruppe Libertad bei und eilen von einem Auftraggeber zum nächsten. Wirklich Zeit zur Charakterentwicklung nimmt sich "Far Cry 6" kaum. Die Balance zwischen überzeichneten Figuren wie dem ständig betrunkenen Waffenspezialisten Juan Cortez und seinem Kroko-Kumpanen Guapo und dem ernsten Szenario gelingt viel zu selten.
Typisch "Far Cry"
Spielerisch bleibt "Far Cry 6" seinen Vorgängern treu. So erwarten Sie packend inszenierte Hauptmissionen wie etwa das Stürmen zweier Frachter oder das Abbrennen einer Tabakplantage zu Beginn des Spiels. Hinzu kommen typische Open-World-Einsätze, darunter das Erobern von Maut-Stationen, das Einnehmen von Lagern sowie kleinere Scharmützel wie das Überfallen von Konvois. Als verrückte Nebenbeschäftigungen warten unter anderem die wie das Kampfspiel "Tekken" aufbereiteten Hahnenkämpfe auf Sie.
Das Action-Erlebnis überlässt Ihnen dabei oft die Wahl, ob Sie schleichen oder aggressiv vorgehen möchten. Leisetreter scannen zunächst die Umgebung und lernen so Stärken und Schwächen von Feinden kennen – dieses Vorgehen kennt man bereits aus vorherigen Ablegern der Reihe. Als Schleich-Shooter funktioniert "Far Cry 6" gewohnt ordentlich, auch wenn sich die Computer-Wachen immer wieder Schnitzer erlauben und Dani oft zu spät entdecken.
In der Offensive jedoch agieren sie stärker. Gerade wenn die Schergen Alarm schlagen und Verstärkung anrückt, tummeln sich schnell ein Dutzend und mehr Gegner auf dem Schlachtfeld. Die Soldaten gehen in Deckung und versuchen, über die Flanken zu attackieren. Infolgedessen sind die Gefechte fordernd und zwingen Sie gelegentlich sogar zum taktischen Rückzug.
Waffenbaukasten für Improvisationskünstler
"Far Cry 6" gibt Ihnen im Kampf gegen Castillos Armee mehr Spielzeuge denn je an die Hand. Wichtigste Neuerung sind die sogenannten Supremos. Dabei handelt es sich um Rucksäcke, die Ihrem Charakter Spezialfähigkeiten wie etwa zielsuchende Raketen oder einen EMP-Schlag verleihen. Seine Hauptmotivation bezieht "Far Cry 6" aus dem Charakter- und Waffensystem. Im Spielverlauf finden Sie immer neue Ballermänner und rüsten diese an Werkbänken mit Visieren und anderen Extras auf.
Vor allem die verschiedenen Munitionsarten spielen eine wichtige Rolle, da Ihre Gegner über Resistenzen gegenüber bestimmten Geschossen verfügen. Abseits der normalen Kanonen wartet "Far Cry 6" zudem mit sogenannten Impro-Waffen wie dem abgefahrenen Discos Locos auf. Diese Spezialkanone feuert messerscharfe CDs auf Ihre Feinde! Hinzu kommen Ausrüstungsobjekte wie Handschuhe, Amulette oder Oberteile. "Far Cry 6" geht also noch stärker in Richtung Rollenspiel als frühere Serienteile und wirkt dadurch leider auch ziemlich überladen.
Ähnlich zwiespältig präsentiert Ubisoft die sogenannten Amigos. Diese tierischen Begleiter wie Alligator Guapo oder Hund Chorizo unterstützen Sie zwar in den Missionen, agieren aber zuweilen – ähnlich wie die Gegner- und Begleiter-KI – sehr merkwürdig. Viel zu oft zetteln sie Kämpfe an oder kommen nicht mehr nach. Die Amigos sind somit zwar eine witzige Idee, aber während des Insel-Abenteuers nur bedingt hilfreich.
Release: "Far Cry 6" erscheint am 7. Oktober 2021 für PlayStation 4/5, Xbox One, Xbox Series X/S und PC. Der Preis liegt bei 55 Euro für die PC-Version und bis zu 70 Euro für die Konsolenvariante für PlayStation 5 und Xbox Series X/S.